Sehr geehrter Herr Dr. Pfeil, sehr geehrte Damen und Herren,
der Landtag hatte im Hinblick auf die zunächst noch ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen die weitere Beratung über den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Justizneutralitätsgesetz (LT-Drs. 17/3774) ausgesetzt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts liegt nunmehr vor. In seinem Beschluss vom 14. Januar 2020 (2 BvR 1333/17) hat das Bundesverfassungsgericht die Entscheidungshoheit des parlamentarischen Gesetzgebers für diesen Bereich noch einmal in aller Deutlichkeit hervorgehoben und ausgeführt:
Das normative Spannungsverhältnis zwischen den Verfassungsgütern unter Berücksichtigung des Toleranzgebots aufzulösen, obliegt zuvörderst dem demokratischen Gesetzgeber, der im öffentlichen Willensbildungsprozess einen für alle zumutbaren Kompromiss zu finden hat. Für die Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten und Entwicklungen, von der abhängt, ob Werte von Verfassungsrang eine Regelung rechtfertigen, die Justizangehörige aller Bekenntnisse zu äußerster Zurückhaltung in der Verwendung von Kennzeichen mit religiösem Bezug verpflichtet, verfügt er über eine Einschätzungsprärogative.“ (Leitsatz 7, Rn. 101)
Die Verwaltungsrichtervereinigung NRW bittet den Landtag, von seiner genuin parlamentarischen Entscheidungshoheit Gebrauch zu machen und den Entwurf für das Justizneutralitätsgesetz weiter zu beraten und zu verabschieden.
Die Verwaltungsrichtervereinigung NRW unterstützt den Gesetzentwurf der Landesregierung. Das Justizneutralitätsgesetz bringt für die Richter in der täglichen Praxis die nötige Rechtsklarheit. Dies gilt insbesondere für die bei den Verwaltungsgerichten häufig zu verhandelnden Asylklagen. Hier ist die nach außen erkennbare religiöse und weltanschauliche Neutralität der Richter von besonderer Bedeutung. Die vorgesehene klare Regelung verhindert so weit wie möglich, dass Auseinandersetzungen über das Tragen religiöser oder weltanschaulicher Symbole in das konkrete Gerichtsverfahren hineingetragen werden und dort von den Richtern im Einzelfall auszutragen sind. Eine weitere Einschränkung des derzeitigen Entwurfs ist aus unserer Sicht deshalb nicht geboten. Soweit im weiteren parlamentarischen Verfahren eine erneute Sachverständigenanhörung beabsichtigt sein sollte, darf ich dies zugleich mit der Bitte verbinden, hierbei auch die Vereinigungen der durch das Gesetz unmittelbar betroffenen Richter zu berücksichtigen.
Wir bitten Sie, die Stellungnahme den Mitgliedern des Rechtsausschusses im Landtag zur Verfügung zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Hollands