Gesetz zur Umsetzung des Rechtssatzvorbehalts bei dienstlichen Beurteilungen in der Justiz

Ausgestaltung einer Beurteilungs- und Erprobungsverordnung


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Sehr geehr­ter Herr Holtgrewe,

sehr geehr­ter Herr Dr. Baumanns,

sehr geehr­te Damen und Herren, 

die Ver­wal­tungs­rich­ter­ver­ei­ni­gung bedankt sich für die Gele­gen­heit zur Stellungnahme. 

Durch das Gesetz zur Umset­zung des Rechts­satz­vor­be­halts bei dienst­li­chen Be­urteilungen in der Jus­tiz und durch die dar­in vor­ge­se­he­ne Pflicht zum Erlass einer Beur­tei­lungs- und Erpro­bungs­ver­ord­nung ist die Dis­kus­si­on über eine Reform des Beur­tei­lungs­sys­tems neu ange­sto­ßen worden. 

Die Ver­wal­tungs­rich­ter­ver­ei­ni­gung hat, wie Ihnen bekannt ist, an dem Gesetz und dem Ver­fah­ren Kri­tik geübt. Inso­weit erlau­ben wir uns, noch­mals auf die Stel­lung­nah­me der Ver­wal­tungs­rich­ter­ver­ei­ni­gung gegen­über dem Land­tag vom 22. März 2022 zu verweisen. 

Trotz der geäu­ßer­ten Kri­tik bie­ten das Gesetz und der Erlass einer Beur­tei­lungs- und Erpro­bungs­ver­ord­nung zugleich Anlass und Gele­gen­heit, Ver­bes­se­run­gen im be­stehenden Sys­tem der Beur­tei­lung und Erpro­bung zu dis­ku­tie­ren. In die­ser Dis­kus­si­on bezie­hen wir wie folgt Stellung:

I. Wesent­li­che Zie­le der Beur­tei­lungs- und Erprobungsregelungen

Die Ver­wal­tungs­rich­ter­ver­ei­ni­gung steht einer behut­sa­men Reform des der­zei­ti­gen Beur­tei­lungs- und Erpro­bungs­sys­tems auf­ge­schlos­sen gegen­über. Dabei soll­ten die Belan­ge der beur­teil­ten Rich­te­rin­nen und Rich­ter noch stär­ker als bis­lang berück­sichtigt wer­den. Fol­gen­de Zie­le soll­ten im Mit­tel­punkt stehen:

  • Trans­pa­renz: Die Beur­tei­lung und das Ver­fah­ren müs­sen für die beur­teil­ten Rich­te­rin­nen und Rich­ter so trans­pa­rent und ver­ständ­lich wie mög­lich gestal­tet sein. Die Rich­te­rin­nen und Rich­ter sol­len ihrer Beur­tei­lung auch ohne spe­zi­el­le Beur­tei­lungs­kennt­nis­se klar ent­neh­men kön­nen, „wor­an sie sind“ bzw. „wo sie stehen“.
  • Wert­schät­zung: Die Beur­tei­lung ist zwar nicht vor­ran­gig ein Mit­tel der Wert­schätzung, son­dern das ent­schei­den­de Instru­ment der Per­so­nal­steue­rung und Per­so­nal­ent­wick­lung (BVerwG, Urt. v. 09.09.2021, 2 A 3/20, juris Rn. 14). Gleich­wohl soll­te nicht auf die Mög­lich­keit ver­zich­tet wer­den, mit der Beur­tei­lung auch Wert­schät­zung aus­zu­drü­cken. Dies kann durch einen text­li­chen Bei­trag bes­ser zum Aus­druck gebracht wer­den als durch eine rei­ne Punk­te­be­wer­tung. Unab­hän­gig von dem jeweils gewähl­ten Beur­tei­lungs­sys­tem soll­te daher in jedem Fall die Mög­lich­keit ver­blei­ben, Leis­tung, Befä­hi­gung und Eig­nung (ergän­zend) auch durch einen sub­stan­zi­el­len und indi­vi­du­el­len text­li­chen Bei­trag zu erfas­sen.
  • Kom­mu­ni­ka­ti­on: Durch das Beur­tei­lungs­sys­tem soll­te die direk­te – münd­li­che – Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen den Beur­tei­len­den und den beur­teil­ten Rich­te­rin­nen und Rich­tern wei­ter gestärkt wer­den. Das Beur­tei­lungs­sys­tem soll­te daher noch stär­ker als bis­lang Mög­lich­kei­ten vor­se­hen, dass Beur­tei­lun­gen früh­zei­tig, direkt, offen und im münd­li­chen Gespräch mit den beur­teil­ten Rich­te­rin­nen und Rich­tern bespro­chen und erläu­tert werden.
  • Kei­ne Nach­tei­le bei Eltern­zeit und Beur­lau­bung aus fami­liä­ren Grün­den: Es ist wei­ter sicher­zu­stel­len, dass Eltern­zeit oder Beur­lau­bung aus fami­liä­ren Grün­den nicht zu Nach­tei­len bei der Beur­tei­lung füh­ren. Daher soll­te ins­be­son­de­re die Nach­zeich­nungs­pflicht (der­zeit § 9 i. V. m. § 51 LVO) aus­drück­lich in eine Beur­tei­lungs­ver­ord­nung auf­ge­nom­men werden.
  • Akzep­tanz und Mit­be­stim­mung: Ein Beur­tei­lungs­sys­tem muss in der Richter­schaft brei­te Akzep­tanz besit­zen. Die­se Akzep­tanz wird auch durch die Mit­bestimmung der Rich­ter­ver­tre­tun­gen her­ge­stellt (§ 41 Abs. 1 Nr. 12 LRiS­taG). Daher soll­ten – in dem durch die Recht­spre­chung vor­ge­ge­be­nen Rah­men – sub­stan­zi­el­le Tei­le der Beur­tei­lung wei­ter in einer Beur­tei­lungs­richt­li­nie bzw. Erpro­bungs­richt­li­nie gere­gelt wer­den, die der Mit­be­stim­mung unterliegt.

  Kei­ne ent­schei­den­de bzw. aus­schlag­ge­ben­de Rol­le soll­ten dage­gen Über­le­gun­gen der Effi­zi­enz spie­len. Da die Beur­tei­lung maß­geb­li­chen Ein­fluss auf die Per­so­nal­ent­wick­lung und das Fort­kom­men der Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen hat und die Zahl der Rich­te­rin­nen und Rich­ter im Ver­gleich zu ande­ren Berei­chen der Ver­wal­tung noch ver­hält­nis­mä­ßig gering ist, soll­te das best­mög­li­che und nicht das effi­zi­en­tes­te Beur­tei­lungs­sys­tem gewählt wer­den. Auf die­ser Grund­la­ge spricht sich die Ver­wal­tungs­rich­ter­ver­ei­ni­gung für eine mode­ra­te Über­ar­bei­tung des bestehen­den Sys­tems aus. Wie zu beto­nen ist, sind die Vor­schlä­ge für eine Ände­rung des Beur­tei­lungs­sys­tems aus­drück­lich nicht als Kri­tik an den beur­tei­len­den Per­so­nen, also den Behör­den­lei­tun­gen zu ver­ste­hen. Es ent­spricht unse­rer Wahr­neh­mung, dass in der Ver­wal­tungs­ge­richts­bar­keit das Ver­trau­en der Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen in eine fai­re Behand­lung bei der Beur­tei­lung hoch ist. Gegen­stand der Dis­kus­si­on sind viel­mehr struk­tu­rel­le Ände­run­gen, mit denen Trans­pa­renz, Akzep­tanz und Ver­gleich­bar­keit von Beur­tei­lun­gen noch wei­ter ver­bes­sert wer­den sol­len. Hier­zu im Einzelnen:

 

II. Beur­tei­lun­gen (Beur­tei­lungs­ver­ord­nung bzw. Beurteilungsrichtlinie)

  1. Ein­füh­rung eines Punk­te­sys­tems mit einem sub­stan­zi­el­len Textbeitrag

  Die Ver­wal­tungs­rich­ter­ver­ei­ni­gung steht einem „Punk­te­sys­tem“, bei dem das Gesamt­ur­teil wie auch die ein­zel­nen Merk­ma­le der Leis­tung, Befä­hi­gung und Eig­nung (auch) durch Ver­ga­be einer Punk­te­zahl bewer­tet wer­den, grund­sätz­lich auf­ge­schlos­sen gegen­über. In jedem Fall soll­te eine sol­che Beur­tei­lung aber durch einen sub­stan­zi­el­len, nicht nur for­mel­haf­ten Text­bei­trag ergänzt wer­den. Eine rei­ne Punk­te­be­wer­tung wird abge­lehnt.   Das bestehen­de Sys­tem der rein text­li­chen Beur­tei­lun­gen hat den Vor­teil, dass damit in beson­de­rer Wei­se Wert­schät­zung aus­ge­drückt wer­den kann. Die text­li­che Beur­tei­lung hat für die Rich­te­rin­nen und Rich­ter aber auch gra­vie­ren­de Nach­tei­le: Selbst die beur­tei­lungs­er­fah­re­nen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen kön­nen einer text­li­chen Beur­tei­lung nicht oder nur schwer ent­neh­men, „wor­an sie wirk­lich sind“, wo also beson­de­re und wo weni­ger aus­ge­präg­te Stär­ken gese­hen wer­den. Weni­ger posi­ti­ve Beur­tei­lun­gen ein­zel­ner Aspek­te wer­den viel­fach gar nicht, nur durch Aus­las­sun­gen oder durch vage Umschrei­bun­gen zum Aus­druck gebracht. Hin­zu kommt, dass ein Ver­gleich der text­li­chen Beur­tei­lun­gen bei der Aus­wahl zwi­schen meh­re­ren Bewer­bern sehr viel schwe­rer fällt als in einem Punk­te­sys­tem. Die viel­fach als „Aus­schär­fung“ bezeich­ne­te Aus­wer­tung der Ein­zel­fest­stel­lun­gen dienst­li­cher Beur­tei­lun­gen im Rah­men einer Aus­wahl­ent­schei­dung stößt hier – nament­lich, wenn die Beur­tei­lun­gen von unter­schied­li­chen Beur­tei­len­den erstellt wor­den sind – schnell an Gren­zen. Aber auch außer­halb oder unab­hän­gig von einer kon­kre­ten Bewer­bungs- oder Aus­wahl­si­tua­ti­on kön­nen die Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen ihren text­li­chen Beur­tei­lun­gen letzt­lich nicht klar ent­neh­men, wo sie im Ver­gleich mit ande­ren Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen ste­hen.   Ein Punk­te­sys­tem könn­te daher – im Inter­es­se der beur­teil­ten Rich­te­rin­nen und Rich­ter – zu mehr Trans­pa­renz und Ver­gleich­bar­keit bei einer Bewer­ber­aus­wahl füh­ren. Aller­dings besteht in der Rich­ter­schaft auch die Sor­ge, dass ein Punk­te­sys­tem zu stark sche­ma­ti­sier­ten Beur­tei­lun­gen „am Fließ­band“ ein­la­den könn­te, die der Per­son nicht gerecht wer­den und zu einem Ver­lust an Wert­schät­zung füh­ren. Daher soll­ten die Beur­tei­lun­gen für Rich­te­rin­nen und Rich­ter wei­ter­hin einen sub­stan­zi­el­len und indi­vi­du­el­len text­li­chen Bei­trag ent­hal­ten, in dem beson­de­re Leis­tun­gen oder Befä­hi­gun­gen noch­mals her­vor­ge­ho­ben oder akzen­tu­iert und zugleich Wert­schät­zung in indi­vi­du­el­ler Wei­se aus­ge­drückt wer­den können. 

  1. Kla­re Unter­tei­lung der Beur­tei­lun­gen nach fach­li­cher Leis­tung, Befä­hi­gung und Eignung

  Es dürf­te vor­zugs­wür­dig sein, Beur­tei­lun­gen – anders als bis­lang – klar anhand der Merk­ma­le der fach­li­chen Leis­tung, Befä­hi­gung und Eig­nung zu struk­tu­rie­ren. Eine sol­che Struk­tur könn­te oder soll­te durch eine Beurteilungs­verordnung bzw. Beur­tei­lungs­richt­li­nie ein­heit­lich vor­ge­ge­ben wer­den.   Um Trans­pa­renz und Ver­gleich­bar­keit so gut wie mög­lich zu gewähr­leis­ten, dürf­te es vor­zugs­wür­dig sein, die zu beur­tei­len­den Merk­ma­le der Leis­tung, Befä­hi­gung und Eig­nung jeweils getrennt auf­zu­füh­ren und in der Gesamt­be­ur­tei­lung zusammen­zuführen. Zwar bestehen – wie in der Dis­kus­si­on mehr­fach her­vor­ge­ho­ben wor­den ist – zwi­schen den drei Merk­ma­len Über­schnei­dun­gen. So zeigt sich die Befä­hi­gung in der erbrach­ten Leis­tung und umge­kehrt. Trotz die­ser teil­wei­sen Über­schnei­dun­gen dürf­te eine Unter­tei­lung anhand der drei Merk­ma­le trans­pa­ren­ter und ver­ständ­li­cher sein und bes­ser sicher­stel­len, dass die gesetz­li­chen Merk­ma­le mit all ihren Aspek­ten durch die Beur­tei­lung abge­deckt wer­den.   Die bis­lang ver­wen­de­te Unter­tei­lung in vier Haupt­merk­ma­le bzw. „Kom­pe­ten­zen“ (vgl. Zif­fer V. 1 Beur­tei­lungs-AV) begeg­net dage­gen Bedenken: 

  • Es fehlt inso­weit eine kla­re Aus­rich­tung an der ver­fas­sungs­recht­lich vor­gegebenen Ein­tei­lung in Eig­nung, Befä­hi­gung und Leis­tung. Dies erschwert eine recht­li­che Prü­fung im Streitfall.
  • Die Bezeich­nung als „Kom­pe­ten­zen“ ver­mit­telt den Ein­druck, dass es sich allei­ne um Merk­ma­le der Befä­hi­gung Dies wird auch dadurch ver­stärkt, dass bei den Beam­ten­be­ur­tei­lun­gen die nahe­zu iden­ti­schen Begrif­fe (dort Fach­kompetenz, sozia­le Kom­pe­tenz, per­sön­li­che Kom­pe­tenz und Führungs­kompetenz) in der Tat allei­ne als Kri­te­ri­en der Befä­hi­gung ein­ge­ord­net wer­den (vgl. Anla­ge 1 zur Beur­tei­lungs-AV der Beam­tin­nen und Beamten).
  • Auch unab­hän­gig von der Fra­ge der Bezeich­nung kommt hin­zu, dass das für die Beur­tei­lung zen­tra­le Merk­mal der fach­li­chen Leis­tung (vgl. zur Gewich­tung unten, unter III. 4) in den vier Kom­pe­tenz­merk­ma­len und den hier­zu hin­ter­leg­ten Anfor­de­rungs­pro­fi­len (vgl. Anla­ge zur Beur­tei­lungs-AV) nur teil­wei­se abge­bil­det wird. So wer­den in den Anfor­de­rungs­pro­fi­len für die Verwaltungs­gerichtsbarkeit über­wie­gend Fähig­kei­ten und Eigen­schaf­ten auf­ge­führt, in denen Arbeits­er­folg, Arbeits­qua­li­tät und Arbeits­ein­satz immer nur indi­rekt zum Aus­druck kom­men. Damit wird nicht bestrit­ten, dass im bestehen­den Beur­tei­lungs­sys­tem die fach­li­che Leis­tung der Sache nach berück­sich­tigt wird. Die der­zei­ti­ge Ein­tei­lung nach den Haupt­merk­ma­len erschwert jedoch ihre sys­te­ma­ti­sche und klar erkenn­ba­re Erfassung.

 

  1. Vor­ga­be wei­te­rer, kon­kre­ter Unterkategorien

  Für die Merk­ma­le der Leis­tung, Befä­hi­gung und ggf. auch der Eig­nung soll­ten kla­re Unter­ka­te­go­rien vor­ge­ge­ben wer­den. Die­sen Unter­ka­te­go­rien soll­ten mög­lichst kon­kre­te und „sub­sum­ti­ons­fä­hi­ge“ Merk­ma­le zuge­wie­sen wer­den. Die Vor­ga­ben soll­ten dabei soweit mög­lich ein­heit­lich sein.   Ein gerech­tes, trans­pa­ren­tes und ver­gleichs­ge­eig­ne­tes Beur­tei­lungs­sys­tem soll­te mög­lichst klar und kon­kret bestim­men, wel­che ein­zel­nen Ele­men­te bzw. Aspek­te der Leis­tung, Befä­hi­gung und Eig­nung zu bewer­ten und wel­che kon­kre­ten Merk­ma­le dabei maß­geb­lich zu berück­sich­ti­gen sind. Den Merk­ma­len von Leis­tung, Befä­hi­gung und Eig­nung soll­ten daher ein­heit­li­che Unter­ka­te­go­rien zuge­ord­net wer­den. Die­se Unter­ka­te­go­rien soll­ten ihrer­seits mit mög­lichst kon­kre­ten und knapp for­mu­lier­ten Kri­te­ri­en unter­legt wer­den. Nur so ist sicher zu stel­len, dass die Beur­tei­len­den bei jeder Unter­ka­te­go­rie die glei­chen Merk­ma­le beur­tei­len.       Dabei könn­te etwa wie folgt ver­fah­ren wer­den:   Soweit wie hier befür­wor­tet eine kla­re Unter­tei­lung in Leis­tung, Befä­hi­gung und Eig­nung vor­ge­nom­men wird, könn­te sich die Beur­tei­lung der fach­li­chen Leis­tung im Aus­gangs­punkt an der Ein­tei­lung für die dienst­li­che Beur­tei­lung der Beam­tin­nen und Beam­ten ori­en­tie­ren (vgl. Anla­ge 1 zur Beur­tei­lungs-AV der Beam­tin­nen und Beam­ten). Danach wären aus­drück­li­che Leis­tungs­kri­te­ri­en wie Arbeits­wei­se, Arbeits­ein­satz, Arbeits­er­folg und ggf. auch Arbeits­gü­te oder Arbeits­or­ga­ni­sa­ti­on mit ein­zu­be­zie­hen. Beson­der­hei­ten der rich­ter­li­chen Tätig­keit soll­ten berück­sich­tigt wer­den. Inso­weit wären – abwei­chend von den dienst­li­chen Beur­tei­lun­gen der Beamt­innen und Beam­ten – beson­ders auf die rich­ter­li­che Tätig­keit zuge­schnit­te­ne Kri­te­ri­en zu for­mu­lie­ren (z. B. „Genau­ig­keit der recht­li­chen Sub­sum­ti­on“, „kla­re und ziel­stre­bi­ge Ver­hand­lungs­füh­rung“).   Hin­sicht­lich der Befä­hi­gung könn­te die schon bekann­te und grund­sätz­lich bewähr­te Unter­tei­lung in die Haupt­ka­te­go­rien Fach­kom­pe­tenz, sozia­le Kom­pe­tenz, per­sön­li­che Kom­pe­tenz und Füh­rungs­kom­pe­tenz ver­wen­det wer­den. Die Kom­pe­ten­zen soll­ten aller­dings als rei­ne Befä­hi­gungs­merk­ma­le ver­stan­den wer­den. Zur wei­te­ren Kon­kre­ti­sie­rung könn­te im Aus­gangs­punkt auf die schon ein­ge­üb­ten Anforderungs­profile zurück­ge­grif­fen wer­den, mit denen jeden­falls auch Merk­ma­le der Befä­hi­gung kon­kre­ti­siert wer­den. In den Anfor­de­rungs­pro­fi­len bis­lang ent­hal­te­ne Leistungs­kriterien (z. B. „gewährt ange­mes­sen zügi­gen Rechts­schutz“) wären dage­gen geson­dert bei der fach­li­chen Leis­tung zu hin­ter­le­gen.   Schließ­lich dürf­te nach der neue­ren Recht­spre­chung in der Beur­tei­lung – auch in der Regel­be­ur­tei­lung – anders als bis­lang die Eig­nung im enge­ren Sin­ne (d. h. die Eig­nung als all­ge­mei­ne cha­rak­ter­li­che oder gesund­heit­li­che Eig­nung) zu bewer­ten sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.07.2021, 2 C 2/21, juris Rn. 45). Ob sich hier wei­te­re Unter­kri­te­ri­en aus­dif­fe­ren­zie­ren las­sen, erscheint jeden­falls frag­lich. Für die Behand­lung der Eig­nungs­be­ur­tei­lung (im enge­ren wie im wei­te­ren Sinn) dürfte1die wei­te­re Ent­wick­lung und Klar­stel­lung in der Recht­spre­chung zu beob­ach­ten sein.   Um Trans­pa­renz und Ver­gleich­bar­keit zu gewähr­leis­ten, soll­ten sowohl die Unter­kri­te­ri­en wie auch die wei­ter kon­kre­ti­sie­ren­den, „sub­sum­ti­ons­fä­hi­gen“ Merk­ma­le in einer Beur­tei­lungs­ver­ord­nung oder Beur­tei­lungs­richt­li­nie mög­lichst ein­heit­lich vor­ge­ge­ben wer­den (ggf. auch durch einen Vor­druck für die dienst­li­che Beur­tei­lung). Geson­dert defi­niert wer­den könn­te dabei, wel­che zusätz­li­chen oder beson­de­ren Leis­tun­gen und Befä­hi­gun­gen für die Beför­de­rungs­äm­ter erfor­der­lich sind. Ob und in wel­chem Umfang dane­ben noch die bis­lang ver­wen­de­ten Anfor­de­rungs­pro­fi­le benö­tigt wer­den (vgl. dazu unten, unter II. 11), soll­te im wei­te­ren Fort­gang dis­ku­tiert wer­den.   Dar­über hin­aus soll­te die Über­nah­me zusätz­li­cher, nicht unmit­tel­bar recht­sprechungsbezogener Tätig­kei­ten, die für eine funk­tio­nie­ren­de Rechts­pfle­ge essen­ti­ell sind, im Rah­men des recht­lich Zuläs­si­gen stär­ker als bis­lang berück­sich­tigt wer­den. Hier­zu gehö­ren insbesondere: 

  • Tätig­kei­ten in Rich­ter­ver­tre­tun­gen und ver­gleich­ba­rer Ein­satz (Berück­sich­ti­gung jeden­falls als Aus­druck beson­de­rer Ein­satz­be­reit­schaft oder Wert­schät­zung in der Kollegenschaft);
  • Abord­nun­gen zum ITD NRW oder sons­ti­ge Unter­stüt­zung der IT-Dienste;
  • Aus­bil­dung der Refe­ren­da­rin­nen und Referendare.

  Ver­zich­tet wer­den soll­te dage­gen künf­tig auf sehr all­ge­mei­ne Kri­te­ri­en, die allen­falls mit­tel­ba­ren dienst­li­chen Bezug besit­zen und sich regel­mä­ßig einer zuver­läs­si­gen Bewer­tung durch den Beur­tei­len­den ent­zie­hen. Bis­lang ver­wen­de­te Kri­te­ri­en wie „ver­fügt über eine gute All­ge­mein­bil­dung“ oder „ist – über das Berufs­bild hin­aus – viel­sei­tig inter­es­siert“ soll­ten daher über­dacht wer­den.   Hin­sicht­lich der im Ein­zel­nen zu berück­sich­ti­gen­den Kri­te­ri­en der Leis­tung, Befä­hi­gung und Eig­nung steht die Ver­wal­tungs­rich­ter­ver­ei­ni­gung für einen wei­te­ren Aus­tausch zur Verfügung. 

  1. Gewich­tung der Einzelmerkmale

  Für die Bil­dung eines Gesamt­ur­teils soll­te die Gewich­tung der ein­zel­nen Merk­ma­le und Unter­kri­te­ri­en vor­ge­ge­ben wer­den.   Zu einer ein­heit­li­chen, fai­ren und trans­pa­ren­ten Beur­tei­lung der Rich­te­rin­nen und Rich­ter dürf­te auch gehö­ren, dass die Gewich­tung der ein­zel­nen Merk­ma­le bzw. Unter­kri­te­ri­en bei der Bil­dung des Gesamt­ur­teils vor­ge­ge­ben ist. Dies gilt in beson­de­rem Maße, wenn ein Punk­te­sys­tem zugrun­de gelegt wird (dazu BVerwG, Urt. v. 01.03.2018, 2 A 10/17, juris Rn. 44 ff.; BVerwG, Urt. v. 17.09.2015, 2 C 27/14, juris Rn. 32). Durch die Vor­ga­be wird ver­mie­den, dass ein­zel­ne Merk­ma­le durch die Beur­tei­len­den unter­schied­lich stark gewich­tet wer­den und damit letzt­lich die Ver­gleich­bar­keit nicht mehr gewähr­leis­tet ist. Zu Ver­zer­run­gen kann es ins­be­son­de­re kom­men, wenn die ein­zel­nen Unter­ka­te­go­rien sche­ma­tisch gleich gewich­tet wer­den, obwohl bestimm­ten Unter­kri­te­ri­en deut­lich mehr Gewicht zukommt. Um eine fai­re und ein­heit­li­che Beur­tei­lung best­mög­lich zu gewähr­leis­ten, soll­te daher für jede Unter­ka­te­go­rie, für die eine Punkt­zahl ver­ge­ben wird, zugleich die Gewich­tung vor­ge­ge­ben wer­den. Bei einer Gewich­tung dürf­te zudem zu berück­sich­ti­gen sein, dass die Merk­ma­le des Arbeits­ein­sat­zes, des Arbeits­er­folgs bzw. der Arbeits­gü­te beson­de­res Gewicht haben dürf­ten. Es wird daher ange­regt, dass die fach­li­che Leis­tung min­des­tens mit einem Anteil von 50 Pro­zent in die Gesamt­be­ur­tei­lung einfließt. 

  1. Bestim­mung des Punktespektrums

  Ein etwa­iges Punk­te­sys­tem soll­te Dif­fe­ren­zie­run­gen erleich­tern und eine Noten­ver­dich­tung im obe­ren Bereich erschwe­ren. Hier­für dürf­te eine hin­rei­chend breit­ge­fä­cher­te Ska­la, etwa von 1 bis 18 Punk­ten erfor­der­lich sein. Die­se soll­te für die fach­li­che Leis­tung wie auch für die Befä­hi­gung gel­ten. Die Unter­schei­dung von Punk­ten und Aus­prä­gungs­gra­den mit anschlie­ßen­der Umrech­nung erscheint dage­gen nicht ange­zeigt.   Soweit ein Punk­te­sys­tem ein­ge­führt wird, soll­te das Punk­te­spek­trum so gewählt wer­den, dass damit eine Noten­ver­dich­tung erschwert und eine Dif­fe­ren­zie­rung mög­lich bleibt. Hier­für dürf­te sich die bereits in ande­ren Berei­chen übli­che Ska­la von 1 bis 18 Punk­ten (bzw. 0 bis 18 Punk­ten) anbie­ten. Da damit zu rech­nen ist, dass die­se Noten­ska­la in der Pra­xis nicht aus­ge­schöpft wird, weil die unte­ren Noten­stu­fen ange­sichts der hohen Qua­li­fi­ka­ti­on der Rich­te­rin­nen und Rich­ter regel­mä­ßig nicht belegt wer­den, blie­be gleich­wohl noch ein aus­rei­chen­des Punk­te­spek­trum.   Das Punk­te­spek­trum soll­te sowohl für die fach­li­che Leis­tung wie auch die Befä­hi­gung glei­cher­ma­ßen gel­ten. Die Unter­schei­dung von Punk­ten (Leis­tung) und Aus­prä­gungs­gra­den (Befä­hi­gung) erscheint weder prak­ti­ka­bel noch ver­ständ­lich, da die Aus­prä­gungs­gra­de für die Gesamt­be­ur­tei­lung letzt­lich wie­der in Punk­te umzu­rech­nen sind. Trotz gewis­ser Unter­schie­de dürf­te daher die Ver­wen­dung eines ein­heit­li­chen Noten­spek­trums für bei­de Berei­che vor­zugs­wür­dig sein. Dies gilt umso mehr, als im bestehen­den Sys­tem der Haupt­merk­ma­le (Zif­fer V. 1 Beur­tei­lungs-AV) bis­lang über­haupt nicht zwi­schen Leis­tung und Befä­hi­gung unter­schie­den wird.   Soweit auch in der Regel­be­ur­tei­lung eine Aus­sa­ge über die Eig­nung im enge­ren Sin­ne (d. h. gesund­heit­li­che und cha­rak­ter­li­che Eig­nung) getrof­fen wer­den muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.07.2021, 2 C 2/21, juris Rn. 45), dürf­te sich eine Ver­ga­be von Punk­ten nicht anbie­ten. Inso­weit dürf­te die Fest­stel­lung aus­rei­chen, dass die Eig­nung gege­ben ist.   Vor allem mit Blick auf Anlass­be­ur­tei­lun­gen dürf­te in der Recht­spre­chung noch klä­rungs­be­dürf­tig sein, ob eine getrenn­te Beur­tei­lung der Eig­nung im wei­te­ren Sin­ne (also der pro­gnos­ti­schen Eig­nung für das ange­streb­te Sta­tus­amt, ggf. in ver­schie­de­nen Ver­wen­dun­gen) wei­ter zuläs­sig ist (vgl. dazu zuletzt etwa VG Müns­ter, Beschl. v. 12.04.2022, 5 L 8/22). Inso­weit dürf­te zunächst die ober­ge­richt­li­che bzw. höchst­rich­ter­li­che Klar­stel­lung abzu­war­ten sein. Soweit in Anlass­be­ur­tei­lun­gen die Eig­nung für das ange­streb­te Sta­tus­amt wei­ter getrennt aus­ge­wie­sen wer­den kann, dürf­te es sach­ge­recht sein, hier­für ein­zel­ne Eig­nungs­gra­de und nicht ein Punk­te­spek­trum von 1 bis 18 Punk­ten zu verwenden. 

  1. „Absen­kung“ bzw. Absin­ken nach Beför­de­rung (soge­nann­te „Wel­le“)

  Zur Ver­mei­dung einer Noten­ver­dich­tung im obe­ren Bereich erscheint das regel­mä­ßi­ge Absin­ken einer dienst­li­chen Beur­tei­lung sach­ge­recht.   In der Ver­wal­tungs­ge­richts­bar­keit ist in beson­de­rem Maß eine Noten­ver­dich­tung im obe­ren Noten­seg­ment, ins­be­son­de­re in den Besol­dungs­grup­pen R 2 und R 3 zu beob­ach­ten. Damit wird der Wert von Beur­tei­lun­gen als Instru­ment der Per­so­nal­ent­wick­lung stark gemin­dert. Um dem ent­ge­gen zu wir­ken, erscheint das regel­mä­ßi­ge Absin­ken der Beur­tei­lung nach einer Beför­de­rung sach­ge­recht. Sie ist Aus­druck der Sta­tus­amts­be­zo­gen­heit dienst­li­cher Beur­tei­lun­gen. Hier­bei geht es nicht um eine Absen­kung der Bewer­tung (im Sin­ne einer akti­ven „Her­ab­set­zung“). Das Absin­ken ist viel­mehr Fol­ge der Beur­tei­lung an dem ande­ren, neu­en Maß­stab des Beför­de­rungs­amts. Dabei dürf­te das Absin­ken um regel­mä­ßig eine Noten­stu­fe (bei einem Punk­te­sys­tem von 1 bis 18 Punk­te um 3 Punk­te) ange­mes­sen sein. Akzep­ta­bel und gerecht wäre eine sol­che Pra­xis aller­dings nur dann, wenn die­se von allen Beur­tei­len­den prak­ti­ziert wür­de und hier­von nur in sel­te­nen und beson­ders begrün­de­ten Aus­nah­me­fäl­len abge­wi­chen wür­de. Letz­te­res wäre durch all­ge­mei­ne Vor­ga­ben in einer Beur­tei­lungs­ver­ord­nung bzw. Beur­tei­lungs­richt­li­nie zu gewährleisten. 

  1. Regel­be­ur­tei­lung als Regel – Anlass­be­ur­tei­lung als begründungs­bedürftige Ausnahme

  Das Ver­hält­nis von Regel- und Anlass­be­ur­tei­lung ist neu zu bestim­men. Grund­lage einer Beför­de­rungs­ent­schei­dung ist grund­sätz­lich die Regel­be­ur­tei­lung. Die Vor­ga­ben der Recht­spre­chung sind in einer neu­en Beur­tei­lungs­ver­ord­nung bzw. Beur­tei­lungs­richt­li­nie umzu­set­zen.   Das Ver­hält­nis von Regel- und Anlass­be­ur­tei­lung ist grund­sätz­lich neu zu regeln. Die Vor­ga­ben der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung zum Ver­hält­nis von Regel- und Anlass­be­ur­tei­lung im Beam­ten­recht (vgl. dazu zuletzt auch VG Düs­sel­dorf, Beschl. v. 18.03.2022, 13 L 169/22) dürf­ten auf die rich­ter­li­chen Beur­tei­lun­gen zu über­tra­gen sein, da dort eben­falls ein Sys­tem der Regel­be­ur­tei­lung vor­ge­se­hen ist (§ 14 Abs. 1 LRiS­taG).   Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat an der Pra­xis der Anlass­be­ur­tei­lun­gen (aus Anlass der Bewer­bung um ein Beför­de­rungs­amt) grund­sätz­li­che Beden­ken geäu­ßert. Das Gericht hat dazu unter ande­rem aus­ge­führt (BVerwG, Beschl. v. 02.07.2020, 2 A 6/19, juris Rn. 11):   „Dem­ge­gen­über begeg­nen Anlass­be­ur­tei­lun­gen grund­sätz­lich Beden­ken, weil sie gera­de im Hin­blick auf eine anste­hen­de Aus­wahl­ent­schei­dung erstellt wer­den und damit der Ver­dacht ent­ste­hen kann, sie dien­ten – ziel­ge­rich­tet – ledig­lich der Durch­set­zung von vor­ge­fass­ten, Art. 33 Abs. 2 GG nicht genü­gen­den Per­so­nal­ent­schei­dun­gen.“ (Her­vor­he­bung nur hier)   Die­sen Beden­ken, die auch aus Ver­bands­sicht geteilt wer­den, soll­te in einer neu zu erlas­sen­den Beur­tei­lungs­ver­ord­nung bzw. Beur­tei­lungs­richt­li­nie Rech­nung getra­gen wer­den. Anlass­be­ur­tei­lun­gen soll­ten daher nur noch in den von der Recht­spre­chung aner­kann­ten Aus­nah­me­fäl­len (ins­be­son­de­re: Regel­be­ur­tei­lung liegt nicht vor; Aus­übung ande­rer Auf­ga­ben über einen erheb­li­chen Zeit­raum) erstellt werden. 

  1. Pflicht zur fik­ti­ven Nach­zeich­nung bei Elternzeit

  Für die Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen sind Nach­tei­le auf­grund von Eltern­zeit oder bei Beur­lau­bung aus fami­liä­ren Grün­den zu ver­mei­den. Die Nachzeichnungs­pflicht soll­te zur Klar­stel­lung in eine Beur­tei­lungs­ver­ord­nung auf­ge­nom­men wer­den.   Schon jetzt sieht § 9 Abs. 1 i. V. m. § 51 Abs. 1 LVO eine fik­ti­ve Fort­schrei­bung (Nach­zeich­nung) unter ande­rem bei Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen in Eltern­zeit oder bei Beur­lau­bung aus fami­liä­ren Grün­den vor. Die Nach­zeich­nung soll­te zur Klar­stel­lung direkt in eine Beur­tei­lungs­ver­ord­nung auf­ge­nom­men werden. 

  1. Ver­fah­ren – Kom­mu­ni­ka­ti­on von Beurteilungen

  Die sinn­vol­le und gebo­te­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on der Beur­tei­lung gegen­über den Rich­te­rin­nen und Rich­tern soll­te noch stär­ker recht­lich flan­kiert wer­den. Über die schon jetzt vor­ge­se­he­ne Anhö­rung (§ 14 Abs. 3 LRiS­taG) hin­aus soll­te inner­halb des Regel­be­ur­tei­lungs­zeit­raums ein Anspruch auf ein früh­zei­ti­ges Beur­tei­lungs­ge­spräch ein­ge­räumt wer­den.   Um die Qua­li­tät und Akzep­tanz von Beur­tei­lun­gen zu erhö­hen und um mehr Raum für Wert­schät­zung zu geben, soll­te die Kom­mu­ni­ka­ti­on der Beur­tei­lung noch stär­ker als bis­lang recht­lich flan­kiert wer­den (gedacht als Gesprächs­op­ti­on und nicht als Gesprächs­pflicht für die beur­teil­ten Rich­te­rin­nen und Richter). 

  • 14 Abs. 3 LRiS­taG sieht bis­lang vor, dass den beur­teil­ten Rich­te­rin­nen und Rich­tern der Ent­wurf zur Kennt­nis zu brin­gen und Gele­gen­heit zur münd­li­chen Erör­te­rung zu geben ist. Hier­an ist grund­sätz­lich fest­zu­hal­ten. Aller­dings besteht bis­lang kein Anspruch, wäh­rend der (vier­jäh­ri­gen) Regel­be­ur­tei­lungs­pe­ri­ode schon früh­zei­tig und noch vor Erstel­lung eines Beur­tei­lungs­ent­wurfs, der natur­ge­mäß bereits eine gewis­se Fest­le­gung mit sich bringt, ein Beur­tei­lungs­ge­spräch zu füh­ren. Die Beurteilungs­verordnung bzw. Beur­tei­lungs­richt­li­nie soll­te daher vor­se­hen, dass den zu beur­tei­len­den Rich­te­rin­nen und Rich­tern mit aus­rei­chen­der Frist (z. B. nach der Hälf­te des Regel­be­ur­tei­lungs­zeit­raums, auf Wunsch auch spä­ter) die Möglich­keit gege­ben wird, ein ori­en­tie­ren­des Beur­tei­lungs­ge­spräch zu füh­ren. Dies dürf­te nicht zuletzt auch des­halb ange­zeigt sein, weil die Regel­be­ur­tei­lung künf­tig mit der gebo­te­nen Beschrän­kung von Anlass­be­ur­tei­lun­gen (vgl. oben, unter II. 7) zusätz­lich an Gewicht für die Per­so­nal­ent­wick­lung gewin­nen dürfte.

  Dar­über hin­aus soll­te die Erör­te­rungs­mög­lich­keit bei Über­be­ur­tei­lun­gen nach § 14 Abs. 3 Satz 2 LRiS­taG erwei­tert wer­den. Der­zeit besteht bei Abwei­chun­gen kein Anspruch auf ein Erör­te­rungs­ge­spräch, wenn die Abwei­chung aus­schließ­lich der Her­stel­lung eines ein­heit­li­chen Bewer­tungs­maß­stabs dient. Da aber auch eine sol­che Abwei­chung (im Sin­ne einer Absen­kung) bei den beur­teil­ten Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen regel­mä­ßig Fra­gen auf­wer­fen und durch­aus „Frus­tra­ti­ons­po­ten­zi­al“ besit­zen kann, soll­te bei jeder Abwei­chung in der Über­be­ur­tei­lung die Mög­lich­keit auf ein Erör­te­rungs­ge­spräch ein­ge­räumt wer­den. In § 14 Abs. 3 Satz 2 LRiS­taG soll­ten daher die Wör­ter „oder eine Abwei­chung dient aus­schließ­lich der Her­stel­lung eines ein­heit­li­chen Beur­tei­lungs­maß­sta­bes“ gestri­chen werden. 

  1. Akzep­tanz des Beur­tei­lungs­sys­tems: Wei­test­mög­li­cher Erhalt der Mitbestimmung

  Die Mit­be­stim­mung der Rich­ter­ver­tre­tun­gen soll­te soweit wie mög­lich erhal­ten blei­ben. Rege­lun­gen, die nicht dem Rechts­satz­vor­be­halt unter­lie­gen, kön­nen daher wei­ter in einer Beur­tei­lungs­richt­li­nie gere­gelt wer­den.   Ein Beur­tei­lungs­sys­tem muss in der Rich­ter­schaft brei­te Akzep­tanz besit­zen. Die­se Akzep­tanz wird ins­be­son­de­re auch durch die Mit­be­stim­mung der Rich­ter­ver­tre­tun­gen (§ 41 Abs. 1 Nr. 12 LRiS­taG) her­ge­stellt. Daher soll­te – in dem durch die Recht­sprechung vor­ge­ge­be­nen Rah­men (Rechts­satz­vor­be­halt) – erwo­gen wer­den, sub­stan­zi­el­le Tei­le der Beur­tei­lung wei­ter in einer Beur­tei­lungs­richt­li­nie zu regeln. 

  1. Anforderungsprofile

  Die Ver­wal­tungs­rich­ter­ver­ei­ni­gung ist grund­sätz­lich auf­ge­schlos­sen für eine stär­ke­re (gerichts­über­grei­fen­de) Ver­ein­heit­li­chung der Anfor­de­rungs­pro­fi­le. Ein­zel­hei­ten dürf­ten aller­dings erst sinn­voll erör­tert wer­den kön­nen, wenn die wesent­li­chen Eck­punk­te für ein Beur­tei­lungs­sys­tem genau­er abge­steckt sind (dazu oben, unter II. 1 bis II. 10).   Unab­hän­gig davon dürf­te es – wie oben aus­ge­führt – ange­zeigt sein, die Kri­te­ri­en der fach­li­chen Leis­tung stär­ker als bis­lang aus­zu­dif­fe­ren­zie­ren und damit zugleich Kri­te­ri­en der Leis­tung und Befä­hi­gung deut­li­cher zu unter­schei­den (oben, unter II. 2 und II. 3). Da jeden­falls nach der bis­he­ri­gen Kon­zep­ti­on der Beur­tei­lungs-AV die Anfor­de­rungs­pro­fi­le letzt­lich Merk­ma­le der Leis­tung und Befä­hi­gung mit Bezug auf das (jeweils aus­ge­üb­te) Amt kon­kre­ti­sie­ren (vgl. Zif­fer V. 1 Beur­tei­lungs-AV), müss­te sich dies auch in den Anfor­de­rungs­pro­fi­len wider­spie­geln.   Dar­über hin­aus könn­ten die all­ge­mei­nen Unter­kri­te­ri­en für Leis­tung, Befä­hi­gung und Eig­nung (im enge­ren Sinn) statt wie bis­lang in Anfor­de­rungs­pro­fi­len jeweils direkt in einer Beur­tei­lungs­ver­ord­nung oder ‑richt­li­nie bzw. in einen Vor­druck für die dienst­li­che Beur­tei­lung auf­ge­nom­men wer­den (vgl. inso­weit etwa Anla­ge 1 zur Beur­tei­lungs-AV der Beam­tin­nen und Beam­ten, die ent­spre­chen­de Vor­ga­ben auf­führt). Die Anfor­de­rungs­pro­fi­le wür­den, soweit sie über­haupt noch erfor­der­lich sind, in die­sem Fall nur die zusätz­li­chen Anfor­de­run­gen der Beför­de­rungs­äm­ter all­ge­mein fest­le­gen. Eine Über­nah­me der Sys­te­ma­tik der Beur­tei­lungs-AV der Beam­tin­nen und Beam­ten wäre grund­sätz­lich unab­hän­gig von der Fra­ge, wel­che inhalt­li­chen Kri­te­ri­en im Ein­zel­nen ange­legt werden. 

 

  III.      Erpro­bung (Erpro­bungs­ver­ord­nung bzw. Erpro­bungs­richt­li­nie)  

Die Erpro­bungs­ver­ord­nung soll­te im Kern dar­auf aus­ge­rich­tet sein, für die Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen mög­lichst kla­re Vor­ga­ben zu ent­hal­ten. Hier­bei soll­ten vor allem fol­gen­de Punk­te gere­gelt werden: 

  1. Kla­re Bestim­mung der Erprobungsstellen

  Die Erpro­bungs­stel­len sind so ein­deu­tig wie mög­lich fest­zu­le­gen. Wie bis­lang soll­te für die Ver­wal­tungs­ge­richts­bar­keit auch eine Erpro­bung an ande­ren obers­ten Bun­des- und Lan­des­be­hör­den zuläs­sig sein. Da gera­de in ande­ren obers­ten Lan­des­be­hör­den zen­tra­le Geset­ze des Ver­wal­tungs­rechts (VwVfG NRW, VersG NRW, BauO NRW) feder­füh­rend erar­bei­tet wer­den, dürf­te eine Abord­nung in die­se Behör­den sinn­voll, erpro­bungs­ge­eig­net und für die Rich­te­rin­nen und Rich­ter gewinn­brin­gend sein.   Soweit eine Stel­le als erpro­bungs­ge­eig­net bestimmt wird, soll­te – soweit die Ver­ord­nung oder eine Richt­li­nie nicht aus­drück­lich Ein­schrän­kun­gen vor­sieht – jeder Spruch­kö­per bzw. jede Abtei­lung die­ser Stel­le als erpro­bungs­ge­eig­net behan­delt wer­den. Eine wei­ter­ge­hen­de Begren­zung durch die Behör­den­lei­tun­gen soll­te dann nicht mehr mög­lich sein. Dies dürf­te schon jetzt der Erlass­la­ge ent­spre­chen, soll­te aber in einer neu­en Ver­ord­nung klar­stel­lend gere­gelt werden. 

  1. Bezeich­nung von Erpro­bung und Ersatzerprobung

  Um den Ein­druck einer unter­schied­li­chen Wer­tig­keit der „regu­lä­ren“ Erpro­bung beim Ober­ver­wal­tungs­ge­richt und der „Ersatz­er­pro­bung“ bei einer ande­ren Stel­le zu ver­mei­den, soll­te ent­we­der ein­heit­lich der Begriff der „Erpro­bung“ oder alter­na­tiv jeden­falls ein ande­rer Begriff als „Ersatz­er­pro­bung“ ver­wen­det werden. 

  1. Kla­re und ein­heit­li­che Bestim­mung der Erprobungsreife

  Die Erpro­bungs­rei­fe soll­te mög­lichst klar und mög­lichst ein­heit­lich bestimmt wer­den. Dabei dürf­te es sich anbie­ten, die hier­bei zu errei­chen­de Bewer­tungs- bzw. Noten­stu­fe durch die Erpro­bungs­ver­ord­nung fest­zu­le­gen. Dar­über hin­aus könn­te erwo­gen wer­den, bestimm­te Plan­rich­ter­zei­ten in der Ein­gangs­in­stanz vorzusehen. 

 

IV. Wei­te­res Ver­fah­ren  

Die Ver­wal­tungs­rich­ter­ver­ei­ni­gung wür­de es aus­drück­lich begrü­ßen, wenn die wei­te­re Dis­kus­si­on im engen Aus­tausch mit den Ver­bän­den geführt wird und etwa­ige Ent­wür­fe einer Beur­tei­lungs- und Erpro­bungs­ver­ord­nung früh­zei­tig zur Kennt­nis und Stellung­nahme über­sandt wer­den.   Für wei­te­re Gesprä­che und die Teil­nah­me an Arbeits­grup­pen ste­hen wir ger­ne zur Verfügung. 

 

Mit freund­li­chen Grüßen

Mar­tin Hol­lands                                                                  Nadesch­da Wilkitzki