Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2024 (Haushaltsgesetz 2024) – Personaletat 2024
Stellungnahme zur Anhörung im Unterausschuss Personal am 17. Oktober 2023
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Verwaltungsrichtervereinigung NRW bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme.
Zum Haushaltsgesetz 2024 und Personaletat 2024 nehmen wir wie folgt Stellung:
I.
Zum Personaletat 2024 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit wird auf Folgendes hingewiesen:
1. Zügige Bearbeitung der Asylverfahren
Bereits im letzten Jahr hatten wir darauf hingewiesen, dass die Belastung der Verwaltungsgerichte mit Asylverfahren zunehmen wird. Dies hat sich bewahrheitet: Im Jahr 2022 war im Bereich der Asylverfahren bei den Verwaltungsgerichten ein Zuwachs von 28,5 % gegenüber dem Vorjahr festzustellen. Dieser Trend setzt sich fort. Er lässt sich auch an den stark erhöhten Antrags- und Entscheidungszahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ablesen, die zeitlich versetzt jedenfalls teilweise die Verwaltungsgerichte erreichen werden. Im Zeitraum von Januar bis September dieses Jahres haben nach der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge über 251.000 Personen einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Dies bedeutete gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres einen Anstieg um 73,3 %.
Vor diesem Hintergrund stark steigender Eingangszahlen im Asylbereich erfüllt uns die hohe Anzahl der in den nächsten Jahren anstehenden kw-Vermerke insbesondere im R1-Bereich mit großer Sorge. Diese beläuft sich zum 31. Dezember 2025 auf 39 und zum 31. Dezember 2026 auf 13 Stellen. Zwar weist die Personalbedarfsberechnung für das zweite Quartal 2023 für die Verwaltungsgerichte derzeit noch einen ausgeglichenen Wert von 102 % aus. Mit Blick auf die ansteigenden Asyleingänge ist es jedoch nicht angezeigt, mehr als 10 % der im Land zur Verfügung stehenden Richterstellen an den Verwaltungsgerichten einzusparen. Der erhebliche Anstieg der PEBB§Y‑Quoten und eine Überlastung der Verwaltungsgerichte wäre damit programmiert, eine zügige Bearbeitung der Asylverfahren erheblich erschwert, wenn nicht verhindert.
Es ist dringend erforderlich, die steigenden Eingangszahlen im Asylbereich bei der personellen Ausstattung der Verwaltungsgerichte zu berücksichtigen. Der Wegfall oder jedenfalls eine Prolongation der kw-Vermerke ist vor diesem Hintergrund unabdingbar.
2. Infrastrukturvorhaben
Die Landesregierung verfolgt (weiterhin) das Ziel einer „Ausbauoffensive“ im Bereich der Erneuerbaren Energien. Hierzu sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt werden. Dies betrifft vor allem die behördlichen Genehmigungsverfahren, soll aber auch für die gerichtlichen Verfahren gelten. Auch das zwischenzeitlich auf Bundesebene in Kraft getretene Gesetz zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich enthält Vorgaben für das gerichtliche Verfahren. So soll das Gericht bei Verfahren im Infrastrukturbereich einen „frühen ersten Termin“ durchführen. Die vorgesehenen Änderungen sind mit der Erwartung des Gesetzgebers verbunden, dass auch die gerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich nochmals deutlich beschleunigt werden können. Dies bindet erhebliche personelle Ressourcen.
Vor diesem Hintergrund ist das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen personell ausreichend auszustatten.
II.
Über den Personalhaushalt 2024 hinaus wird der Haushaltsgesetzgeber auch auf die wirtschaftliche Entwicklung zeitnah reagieren müssen. Die andauernd hohe Inflation führt zu starken realen Kaufkraftverlusten. Bezogen auf Nordrhein-Westfalen betrug die Inflationsrate nach Zahlen von IT.NRW im Jahr 2022 durchschnittlich bei 7,1 Prozent, im August 2023 lag sie noch bei 5,9, im September immerhin noch bei 4,2 Prozent. Der letzte Tarifabschluss im öffentlichen Dienst mit einer Erhöhung von 2,8 Prozent zum 1. Dezember 2022 kann diese Kaufkraftverluste nicht annähernd ausgleichen.
Geschäftsgrundlage für den sehr zurückhaltenden Tarifabschluss im Jahr 2021 und die anschließende Übertragung auf die Beamtinnen und Beamten sowie die Richterinnen und Richter war die anfängliche Erwartung, dass die steigende Inflation ein kurzfristiges Phänomen bleiben würde. Dies hat sich nicht bestätigt. Aus Sicht der Verwaltungsrichtervereinigung NRW besteht Handlungsbedarf. Der Haushaltsgesetzgeber ist – bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen – aufgerufen, auf die starken Kaufkraftverluste zu reagieren und die Besoldung der Beamtinnen und Beamten und der Richterinnen und Richter zeitnah angemessen anzupassen.
Mit freundlichen Grüßen
Nadeschda Wilkitzki