Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2025 (Haushaltsgesetz 2025) – Personaletat 2025
Stellungnahme zur Anhörung im Unterausschuss Personal am 29. Oktober 2024
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Verwaltungsrichtervereinigung NRW bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme.
Zum Haushaltsgesetz 2025 und Personaletat 2025 nehmen wir wie folgt Stellung:
I.
Zum Personaletat 2025 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit wird auf Folgendes hingewiesen:
1. Verfahrenslaufzeiten bei steigenden Eingangszahlen im Asylbereich
Zunächst begrüßen wir ausdrücklich die vorgesehene – von uns seit Langem geforderte – Prolongation der für die nächsten beiden Jahre anstehenden 52 kw-Vermerke im R1-Bereich bis 2028. Hierbei handelt es sich um eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung zur Erzielung politisch angestrebter kürzerer Verfahrenslaufzeiten im Bereich des Asylrechts. Bereits seit zwei Jahren weisen wir darauf hin, dass die Belastung der Verwaltungsgerichte mit Asylverfahren zunimmt. Im Jahr 2022 war im Bereich der Asylverfahren bei den Verwaltungsgerichten ein Zuwachs von 28,5 % gegenüber dem Vorjahr festzustellen, im Jahr 2023 ein erneuter Anstieg von fast 17 %. Dieser Trend lässt sich auch an den weiterhin stark erhöhten Antrags- und Entscheidungszahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ablesen, die zeitlich versetzt jedenfalls teilweise die Verwaltungsgerichte erreichen werden. Im Zeitraum von Januar bis September dieses Jahres haben nach der Asylgeschäftsstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge über 195.000 Personen einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Die Antragszahlen befinden sich damit auf hohem Niveau.
Vor dem Hintergrund stark steigender Eingangszahlen im Asylbereich ist die Prolongation der in den nächsten Jahren anstehenden kw-Vermerke insbesondere im R1-Bereich zwingend erforderlich, um dieser zu erwartenden Verfahren – und des erheblichen Anhangs – Herr werden zu können. Mit einer gleichbleibenden Personalausstattung lässt sich keine signifikante Verkürzung der Laufzeiten erzielen. Hierzu ist eine Aufstockung – sowohl im richterlichen wie auch im Servicebereich – von Nöten. Daher begrüßen wir die angekündigte Schaffung weiterer drei Kammern bei den Verwaltungsgerichten (vgl. https://www.land.nrw/pressemitteilung/nach-solingen-landesregierung-beschliesst-umfassendes-paket-zu-sicherheit). Dass bei den drei zusätzlichen Kammern, wovon wir nach entsprechender Mitteilung des Justizministers ausgehen, die bereits zuletzt geschaffenen bzw. vorgesehenen Kammern im Rahmen der Asylkonzentration nicht eingerechnet sind, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Festzustellen bleibt, dass eine von den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten angestrebte Verkürzung der Laufzeiten auf drei bzw. sechs Monate auch mit dieser Ausstattung nicht zu erreichen sein wird.
Neben der zu begrüßenden Prolongation der kw-Vermerke im richterlichen Bereich ist für eine spürbare Verkürzung der Verfahrenslaufzeiten im Bereich des Asylrechts erforderlich, dass eine Personalaufstockung im richterlichen Bereich weiter stattfindet und auch der Servicebereich hinreichend ausgestattet ist.
2. Infrastrukturvorhaben
Der Bereich der Erneuerbaren Energien steht weiterhin im Fokus der aktuellen Landesregierung. So ist man stolz darauf, dass in Nordrhein-Westfalen mehr Windenergieanlagen als in jedem anderen Land genehmigt werden. Um auch diesbezüglich mit Blick auf die Gerichtsverfahren eine Beschleunigung erreichen zu können – wie sie vom Bundesgesetzgeber vorgesehen ist –, muss das erstinstanzlich zuständige Oberverwaltungsgericht hinreichend personell ausgestattet sein. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Ausweitung erstinstanzlicher Zuständigkeiten im Bereich der rechtlich und tatsächlich komplexen Infrastrukturvorhaben. Die Bearbeitung bindet erhebliche personelle Ressourcen.
Auch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen ist personell hinreichend auszustatten.
II.
Über den Personalhaushalt 2025 hinaus sieht sich die Verwaltungsgerichtsbarkeit – wie die Justiz insgesamt – Priorisierungen und Haushaltskürzungen ausgesetzt, die bei den Kolleginnen und Kollegen zu Recht auf Ärger und Unverständnis stoßen:
- Erheblichen justizweiten IT-Ausfällen und ‑problemen kann nur mit entsprechenden finanziellen Mitteln begegnet werden. Vermehrt auftretende, schon fast alltägliche Schwierigkeiten mit der IT-Ausstattung und ‑Betreuung stehen dem Ziel schneller Verfahrenslaufzeiten offenkundig entgegen. Ohne eine stabile, verlässliche IT können in Zeiten der e‑Akte sowohl die Richter als auch der Servicebereich schlicht nicht arbeiten.
- Der Vertrauensverlust, der mit den Kürzungen im Bereich der Referendarausbildung verursacht wird, steht in keinem Verhältnis zu dem geringen damit erzielten finanziellen Nutzen. Die Justiz hat es schwer genug, mit anderen Arbeitgebern zu konkurrieren, und kann es sich nicht leisten, gute Juristinnen und Juristen auf diese Weise abzuschrecken. Eine leistungsstarke Justiz ist auch auf motivierten Nachwuchs angewiesen.
- Ähnliches gilt für die derzeit geplante Berücksichtigung eines fiktiven Partnereinkommens bei der Berechnung des Familienzuschlags. Es drängt sich der Eindruck auf, dass man den erst kürzlich ohne derartige Berücksichtigung eingeführten regionalisierten Familienzuschlag, der schon von unserer Seite auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht kritisiert worden ist, aus reinem Sparzwang in rechtlich bedenklicher Weise anpasst. Wertschätzung bringt der Landesgesetzgeber den Kolleginnen und Kollegen damit nicht entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Nadeschda Wilkitzki